Schachtelprivileg

Schachtelprivileg
I. Begriff:Instrument zur Vermeidung ertrag- oder substanzsteuerlicher Mehrfach- oder Doppelbelastungen, die sich bei der Verschachtelung von Kapitalgesellschaften ergeben. Im Fall von  Schachtelgesellschaften werden die Gewinne bzw. die Beteiligungswerte aus der Bemessungsgrundlage der jeweiligen Steuerart ausgenommen. Es handelt sich nicht um ein für die begünstigten Gesellschaften geschaffenes Privileg, sondern um eine notwendige Korrektur zur Vermeidung von Mehrfachbesteuerungen.
II. Inländisches Sch.:1. Körperschaftsteuerliches Sch. besteht darin, dass Dividendeneinkünfte bei der Körperschaftsteuer steuerfrei sind (§ 8b I KStG), weil die der Dividendenausschüttung zugrunde liegenden Gewinne bei der Gesellschaft, die diese erwirtschaftet hat, der Körperschaftsteuer unterliegen. Das sog. erweiterte körperschaftsteuerliche Sch. stellt auch Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft von der Körperschaftsteuer frei, weil im Halbeinkünfteverfahren Veräußerungsgewinne aus Anteilen und Dividenden aus den entsprechenden Anteilen gleich behandelt werden (§ 8b II KStG). Voraussetzung der Regelungen ist, dass eine körperschaftsteuerpflichtige Institution (meist eine Mutterkapitalgesellschaft) an einer anderen Gesellschaft (meist eine Tochterkapitalgesellschaft) beteiligt ist, nicht jedoch, dass der Dividendenempfänger oder Veräußerer eine natürliche Person ist. Eine bestimmte Mindestbeteiligungsquote zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ist seit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens nicht mehr notwendig.
- 2. Gewerbesteuerliches Sch. steht jedem Gewerbebetrieb zu, der Dividenden aus einer anderen Kapitalgesellschaft bezieht. Allerdings nur, wenn die Beteiligungsquote am Anfang des Jahres mindestens 10 Prozent beträgt (§ 9 Nr. 2a GewStG) und – bei ausländischen Tochtergesellschaften – die Tochtergesellschaft entweder fast ausschließlich aktiven Tätigkeiten nachgeht oder sie unter die Mutter-Tochter-Richtlinie fällt (§ 9 Nr. 7 GewStG). Wird das gewerbesteuerliche Sch. nicht gewährt, so sind Dividenden bei der Gewerbesteuer voll zu erfassen (§ 8 Nr. 5 GewStG).
III. Grenzüberschreitende Sch.:Das Sch. wird in Deutschland innerstaatlich wie grenzüberschreitend nach den oben genannten Regeln gewährt.
IV. Andere Steuern:1. Vermögensteuerliches Sch. bestand darin, den Wert der Anteile an der Untergesellschaft bei der Vermögensteuer der Obergesellschaft steuerfrei zu stellen. Da die Vermögensteuer nicht mehr erhoben wird, ist das Sch. ohne Bedeutung.
- 2. Erbschaftsteuerliches Sch.: Nicht möglich, weil eine gleichzeitige Erbschaftsteuerbelastung des selben Vermögens auf der Ebene einer Mutter- und einer Tochterkapitalgesellschaft nicht vorliegen kann.
V. Vergleichbare ausländische Regelungen:Wie in Deutschland, so sind mittlerweile bei den Ertragsteuern auch in vielen anderen EU-Staaten neben den Dividenden auch die Veräußerungsgewinne vom Sch. erfasst (z.B. Luxemburg, Niederlande, Dänemark).
VI. Regelung auf EU-Ebene: Mutter-Tochter-Richtlinie.
VII. Kritik:Kritikpunkte bilden die sehr engen Voraussetzungen, an die das bundesdeutsche Sch. geknüpft sind. Aus diesem Grund werden folgende Forderungen erhoben: Herabsetzung der Beteiligungshöhe sowie der Wegfall der Mindestbesitzzeiten; bei grenzüberschreitenden Sch. der Wegfall der Sachzielvoraussetzungen des § 8 AStG; die Wiedereinführung eines nationalen körperschaftsteuerlichen Sch.
VIII. Steuerpolitik:Bei den zahlreichen Voraussetzungen der Sch. zielen steuerpolitische Maßnahmen vorwiegend auf die Verwirklichung eines begünstigten Sachverhalts ab. Sachverhaltsgestaltungen sind sowohl darauf gerichtet, die Bedingungen für die Gewährung der Sch. zu schaffen, als auch die mit der Steuerfreiheit der Dividenden und Gewinne verbundene Nichtabzugsfähigkeit der damit zusammenhängenden Kosten (z.B. Zinskosten für den Erwerb der Beteiligung, aus der die steuerfreien Dividenden stammen) zu vermeiden. Diesen Gestaltungsüberlegungen wird jedoch durch die ab 2004 für das körperschaftsteuerliche Sch. geltende Regelung, dass die nichtabziehbaren Kosten der steuerfreien Einkünfte stets pauschal mit 5 Prozent der bezogenen Dividende bzw. des erzielten Veräußerungsgewinns angesetzt und im Gegenzug die tatsächlichen Kosten unbeanstandet verbucht werden dürfen (§ 8b V KStG), entgegengesetzt.

Lexikon der Economics. 2013.

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